Die von Simon geschaffene, raumgrosse Camera obscura lässt einen erleben wie eine Kamera funktioniert. Man lässt sich Zeit in diesem Raum, verschiebt gar ein paar Stellwände näher zum Loch – und erlebt so hautnah, wie Bilder in einer Kamera entstehen. Simon hat sich einen besonderen Raum für die Camera obscura ausgesucht – einer mit Blick auf die Baustelle von Biogen auf der gegenüberliegenden Seite der Aare.
Dort auf dem ehemaligen Gelände der Cellulose Attisholz entsteht im Moment eine moderne Produktionsanlage für Medikamente. Die Camera obscura projiziert also das sehr warscheinliche Schicksal der Industriebrache – Abriss und Neubau – in die alten Gemäuer hinein. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft treffen sich an einem Punkt.
Um diese Situation festzuhalten, hat Simon in der Camera obscura zwei grosse Fotoabzüge angefertigt. Nach etwa zehnminütiger Belichtung werden die Fotopapiere gleich vor Ort in der Kamera entwickelt und fixiert. Die Camera obscura dient gleichzeitig als Beobachtungsort und Dunkelkammer…
Inspiriert von den langsamen Zerfallsprozessen im Areal der Zellulose Attisholz installiert Simon auf dem ganzen Gelände kleine Lochkameras. Die kleinen Büchsen sind lichtdicht verschlossen, nur eine kleine Öffnung (0.3mm) lässt etwas Licht in den Hohlkörper, an dessen Hinterwand Fotopapier liegt. Nach einer Belichtungdauer von mehr als einem Monat sind Spuren des Lichtes derart eingebrannt, dass das Papier gar nicht mehr entwickelt werden muss – sich überhaupt nicht mehr entwickeln lässt. Die Werke müssen eingescannt werden und können nur noch als digitale Reproduktionen weiterleben. Das Original muss in einer dunklen Schachtel aufbewahrt werden, da es sonst innerhalb eines Tages verblasst…
Simon Kenubühl (1983*) im Kanton Bern geboren, lebt in Solothurn und ist seit 2012 freischaffender Fotograf. 2015 hat er den Förderpreis für Fotografie des Kantons Solothurn erhalten.
27. Oktober 2016 at 9:43
Toll, wie Simon Kneubühl mit ältester Technik arbeitet. Natürlich gehört es zum Standard-Wissen was eine Kamera Obskura ist. Sehr selten jedoch wird aber Gebrauch davon gemacht. Die Kamera alleine, das ginge ja noch, aber das dazu erforderliche lichtempfindliche Papier, gewissermassen der Film, daran scheitert die Umsetzung meistens und man stellt die obskure Idee in die Ecke und lässt sie dort liegen. Simon spielt überausvariabel damit und erreicht unglaubliche Resultate. Dass in unserer schnelllebigen Zeit mit antiker Technik überhaupt noch gearbeitet wird und das mit seinen Ideen anreichert, das begeistert mich total.