Text: Pierroz

„Ich ghöre es Glöggli und guet Nacht am Sächsi…“ So beginnt ein Slam-Text von mir, den ich an der nun unterdessen beinah legendären Lesung “ Wir möchten sie bitten die gleichen Fehler nicht zu wiederholen“ im ArtCampus vorgetragen habe.

Das hat die Zuhörerin Brigitte Willener dazu verleitet, angeregt oder verführt (bitte zutreffendes ankreuzen), sich mit Stift und Papier an den Schreibtisch zu setzen und sich mit einigen wohlgestalteten Verslein einen eigenen Reim zu diesem Glockengeläut an der Grenze einer zu erwartenden Verfinsterung zu machen.
Da haben wir nun also eine, dieser im Vorfeld vielbeschworenen und übers ganze Projekt geschaut, dann doch leider eher selten stattgefundenen Kettenreaktionen.

© Brigitte W.

© Brigitte W.

I ghöre äs Glöggli
s isch alles vorbi
dr Vatter isch gstorbe
und ds Mami im Heim
und denn schlof i i.

I ghöre äs Glöggli
z Huus han i gruumt
dr Dräck isch ou dusse
und d Möbel verruumt
no ganz liisli das Glöggli
bald isch äs vorbi

I ghöre äs Glöggli
s het müesse si
als isch Erinnerig
als cha nümme si
wiit furt möcht i go
öppis bhaltet mi no do.

I ghöre äs Glöggli
ganz liisli isch no
bald lüütets wo anders
und denn isch alls us
i muess so viel lerne
und chume nümm drus

Wo bei meiner Textarbeit dieses Eindunkeln und Abdriften zwischen privaten und gesellschaftlichen Aspekten hin – und her wiegelt, so steht bei Brigitte Willener’s Lyrik die Thematik des sich vom Leben Verabschiedens im Mittelpunkt. Beides sind Ablösungs – und Transfomierungsprozesse.

Unerschrocken wage ich da zwischen diesem individuellen, teils Geistigen und dem gesellschaftlich kulturellen Zerfall Parallelen zu ziehen. Zum Beispiel wenn ich an die „Smombies“ (Smartphone Zombies) oder der Anfälligkeit für psychische Abhängigkeit durch Missbrauch digitaler Sozialnetzwerke denke, die eine Art Demenz der Massen hervorzurufen scheint.

Um noch etwas aufmunterndes hier beizufügen, möchte ich meine Denke so formuliert haben, dass der Niedergang unserer Kultur, genau so gewiss ist , wie der jedes Einzelnen von uns und jetzt bin ich da wo ich mit den paradoxerweise „unsterblichen“ Worten von Goethe schliessen kann die da heissen:

„Und so lang du das nicht hast, dieses: Stirb und werde! Bist du nur ein trüber Gast auf der dunklen Erde. (Goethe // fernöstlicher Divan)

Hier der Stein des Anstosses: Pierroz // „So chum, bitte red mit mir“

Leseempfehlungen: Arno Geiger „Der alte König in seinem Exil“ (Demenz) // Peter Sloderdjik: „Die schrecklichen Kinder der Neuzeit“ (Gesellschaft)

Links: Brigitte Willener bei Facebook // Pierroz bei Echo