Von weitem hört man einen Radio. Wir gehen mit den Rundgangbesuchern und –besucherinnen in das Haus, das während der aktiven Zeit der Zellulose Fabrik als Umkleidehaus diente.
In einem Raum im ersten Stock stellen wir uns vor die alten Spinde und sind gespannt was passiert. Annie Kaufmann kommt in einem weissen Überkleid durch die Türe in den Raum hinein. Scheinbar mechanisch geht sie zu ihrem Spind, zieht sich aus und beginnt sich mit Seife zu Waschen. Erst das Gesicht, dann die Arme, Hände und Füsse. Es scheint ein tägliches Ritual zu sein sich mit wenig Wasser den Arbeitsstaub abzuwaschen. Ich habe den Eindruck, dass dieses Ritual ähnlich der Fusswaschung Jesu vor dem letzten gemeinsamen Abendmahl geschieht.

© Miryam Abebe

© Miryam Abebe

Besonders beeindruckt mich, dass sie die Seife nutzt, die sie hier auf dem Areal gefunden hat und wie wenig Wasser sie für die tägliche Waschung braucht. Ob damals bei laufendem Betrieb der Zellulose Fabrik das Wasser auch schon Mangelware war wie heute? Ist die Waschung wirklich vergleichbar mit der Waschung zur rituellen Reinigung wie im Christentum, dem Islam oder dem Judentum? Oder ist es mehr ein Reinigungsritual für das Areal und die Konfrontation mit der Unendlichkeit oder Endlichkeit unseres Seins? Auf jeden Fall regt die Performance mein Denken an…

Annie (Annette) Kaufmann (1983*) ist Tänzerin, Performerin, Body Artist und hat sich ausgebildet bei TIP Freiburg i/Br. (D), SOZO Kassel (D) und Dartington Artcollege Falmouth (UK). Sie ist Artist Director im „TAMTAM – Zentrum für Bewegung“ in Kriegsteten und unterrichtet dort auch.

Bild und Text: Miryam Abebe