Die Sonne streicht mit flachem Strahlengepränge über die verjazzten Fassaden der Attisholz-Zellulose Fabrikfassade, der Turm steht schwarz im Gegenlicht. Werner Feller und ich sitzen an einem dieser spätsommerlichen Vorabende am Eingang des Art Campus Boulevard.

Wir öffnen uns ein „Spezli“ der ersten Lieferung vom eigens für das Kettenreaktion 2016 Projekt gebraute Attisgold „Südfuss 2016“ von der Öufi Brauerei Solothurn.

Das Attisgold Südfuss habe mehr „Spoiz“ erklärt mir dann Werner, nach dem Anstossen und einem ersten Schluck. Es sei würziger und genüsslicher als das klassische, helle Öufi Lager Bier. Bier brauen so sinniert Werner weiter, sei eine Laborsituation und spricht so eine offensichtliche Parallele zwischen dem Bierbrauen und dem Kettenreaktionsprojekt an.
Der Zellulose Art Campus habe gezielt Laborsituationen im Fokus, um die Künstler mit eben mehr „Spoiz“ in ihrem gemeinsamen spielerisch, kreativen Tun zu provozieren.

attisgold-oeufi-brauerei-solothurn

Die Bierkultur liege ihm sehr am Herzen fährt Werner fort und outet sich als Kenner, ja als ein Bierpilger, einer der zum Ausgleich in seinen Ferien gerne von einer kleinen Brauerei zu einer anderen im nächsten Tal pilgert, um dort die Menschen und ihr goldenes Malz -und Hopfengetränk kennenzulernen.
Bier habe den Stellenwert eines Diplomaten und Botschafters zwischen den unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, sei Volkskultur, und schaffe Gemeinschaft. Darum sei es ihm ein zentrales Anliegen, dass die Bierkultur, hier in diesem ehemaligen Industrieareal wo der „Büezer“ gewirkt habe, seinen berechtigten Platz einnehme.
Auch gehe es um die Verortung in der Region und Werner zeigt auf das „Spezli“ Attisgold: „Da drin ist alles aus der Region, das Wasser, der Hopfen, die Gerste: alles vom Südfuss“. Er meint damit diesen, dem Süden zugewandten Bergfuss der Jurakette, hier als den Leberberg benannt; den Jurasüdfuss von Balsthal bis Biel, der Jura, der in seiner vollen Länge aber von Genf bis Baden reicht.

Wir gönnen uns wieder einen Schluck, dann noch einen. Es prickelt erfrischend im Gaumen. Wir sitzen und schauen, schauen hinauf, wo die Schwalben hoch oben um die Gebäudeecken flitzen. Schwarze Striche zeichnend, fliegen sie kreuz und quer an diesen so wundervoll von den letzten Sonnenstrahlen bestrichenen verjazzten Fassaden der ehemaligen Zellulosefabrik entlang.

Glossar: „Spoiz“ Alkoholgehalt // „Spezli“ 3,3dl Bierflasche // „Büezer“ Arbeiter

Alfred Koller