Fotos und Text: Camil Hämmerli

Sommer 2016 hatte ich zum ersten mal von Werne von dem Projekt in der alten Zellulosefabrik gehört. Das Konzept, Werke verschiedenster Art über Monate in einer leerstehenden Fabrik entstehen zu lassen; eine Farbpalette, abgestimmt auf die Farben eines gigantischen Relikts aus einer anderen Zeit; das klang alles sehr spannend.
Nach dem ersten Besuch wurde mir klar, dass ich ein Wandbild realisieren möchte, dass sich mit dem Ort vereint, das teile der Fabrik aufnimmt und verzerrt wiedergibt. Diese Elemente sollten sich in die Struktur der Wand saugen – mehr wie eine „Tätowierung“ fur die Mauer als wie ein „Sticker“. Die Wahl fiel auf eine Wand mit einem grossen Loch in der Mitte. Dieser brachiale Fleck auf der Leinwand, den wohl ein unachtsamer Arbeiter mit einer grossen Maschine verursacht haben muss, schien mir eine interessante Herausforderung.
Bei meinem zweiten Besuch habe ich mir Zeit genommen, die Fabrik zu erkunden, Objekte und Details zu skizzieren und ein Gefühl fur den Ort zu bekommen. Das Bild entstand zögerlich, mit unsicheren, dünnen Linien. Üblicherweise lässt sich bei der Arbeit mit der Spraydose fast alles auskorrigieren. Da ich aber die Struktur der Wand erhalten wollte, durfte von Anfang an keine Linie falsch gezogen werden. Auch perspektivische Hilfslinien zur Orientierung waren so nicht möglich.
Die Elemente entstanden also Organisch auf der Wand als eine Mischung von echten Teilen aus der Fabrik und meinem Gefühl für diesen Ort und wie er einmal gewesen sein mochte. Ein wiederkehrendes Element sind auch die kreisrunden Aussparungen die sich auf dem Areal finden. Diese zeugen von den Leitungen und Silos, die früher in der Fabrik standen, aber bereits abgebaut wurden.
Das Bild wird eingerahmt von Massiven Betonvorsprüngen. Oben wird das Bild abgeschlossen durch die Linie des danebenliegenden Betonträgers, um die Illusion eines „Einblicks“ zu Verstärken. So verschwindet im Fertigen Bild das Loch in der Wand, und die schwarzen Flächen im oberen Teil des Bildes geben den skizzenhaft gezeichneten Elementen tiefe. Die wackelige Linienführung und die ungenaue Wiedergabe geometrischer Formen geben den mechanischen Teilen einen Organischen Charakter. Aus der breiten Farbpalette, welche zur verfügung gestellt wurde entschied ich mich für zwei Abstufungen Türkisgrün und ein gebrochenes, kühles Weiss. Eine, für meine Gewohnheiten sehr reduzierte Farbpalette. Dieses klassische „Fabrikgrün“ erwies sich als gute wahl, da es sich schön mit den Moosigen stellen im rechten, unteren Teil der Wand verbindet.

Camil Hämmerli
für Kettenreaktion2016

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